Es geht weiter!!!

Dieses Wochenende setze ich meine Wanderung vom letzten Jahr für zwei weitere Etappen auf dem Lahn-Camino fort.

Deutschland ist jetzt (fast) komplett im Corona-Lockdown. Diese Woche wurde das neue Infektions-Schutzgesetz verabschiedet und da im ganzen Land eine Inzidenz von über 100 besteht, sind alle Hotels und Gastronomie-Betriebe geschlossen. Somit konnte ich für diese Strecke keine Übernachtungsmöglichkeit finden.
Uli übernimmt dafür den Hol- und Bringservice für mich heute Abend.

Aber jetzt sitze ich erstmal gemütlich im Zug nach Limburg, meinem heutigen Etappen-Start.

In Limburg angekommen, führt mich mein Weg zum Dom. Dort hatte ich meine letzte Etappe beendet und dort werde ich wieder einsteigen.

Der Stammbaum Christi

Im Dom halte ich kurz inne und zünde eine Kerze für die lieben Menschen an, die ich seit mittlerweile echt langer Zeit nur auf dem Bildschirm oder gar nicht zu Gesicht bekomme.

Leider lasse ich die Chance verstreichen, den kurz anwesenden Pater nach dem vermissten Pilgerstempel zu fragen. Er hat kurz in der Kirche zu tun, ist dann weg und kommt nicht wieder.
In der Zwischenzeit finde ich den Stammbaum Christi, den man im Limburger Dom im linken Querhaus findet.

Irgendwann gebe ich das Warten auf und verlasse den Dom Richtung Lahn.

 

Der Weg führt ein Stück an der Lahn entlang und dann Richtung Schafsberg, auf dem ich meine Schulzeit verbracht habe. Hinter der Tilemann-Schule im Waldstück kommen mir natürlich einige Erinnerungen an diese Zeit in den Kopf.

Ich laufe an dem Hüttchen vorbei, in dem der Pyromane der Klasse seine selbstgebastelten Böller ausprobiert hatte. Der 100 m Lauf mit der verschobenen Startlinie kommt mir in den Sinn, bei dem ich das einzige Mal diese Strecke unter 16 Sekunden lief, unser Physiklehrer mit dem Lebertran in den Haaren und die Klassen-Meuterei in der Kunststunde... die verrückte 7g1.

So, noch über den Bahnübergang und dann laufe ich ein gutes Stück auf dem Weg an der Lahn entlang, der mich nach Diez bringt.

Nach einer kurzen Verschnaufpause treffe ich auf einen Wanderer mit dem ich ein Stück weit gehe, der aber nach einiger Zeit an einer Wegkreuzung abbiegt.

Über einen Abenteuerspielplatz gelange ich an die ersten Häuser von Diez, am Krankenhaus entlang und vorbei am Grafenschloss Diez, das schon seit langer Zeit eine Jugendherberge beheimatet. Auch hier ist alles wegen Corona geschlossen.

 

Rast am Diezer Marktplatz

In der schönen Altstadt von Diez gönne ich mir ein Eis zum mitnehmen und eine Latte Macchiato - auch zum mitnehmen - und setze mich an den Marktplatz, um beides zu verdrücken. Hier sitze ich und freue mich darüber, dass wenigstens die Marktstände an diesem schönen Frühlingsmorgen besucht werden können.  So beobachte ich einige Zeit das Treiben am Markt.

Als ich jetzt weiterlaufen will, muss ich leider feststellen, dass der Weg durch einen Baustellenzaun versperrt ist. Ich orientiere mich erstmal auf der Karte, ob es eine Möglichkeit gibt, die Baustelle zu umlaufen, muss aber leider feststellen, dass auch die Umleitung versperrt ist. Na klasse. Das hätte jetzt einen großen Umweg zur Folge.

Warum tut man sich eigentlich so schwer damit, Sperrungen einfach zu durchbrechen? Ich muss ja zugeben, meistens machen sie auch Sinn, wenn man aber selbst davor steht, ist das einfach ärgerlich.

Zum Glück sehe ich einen der Bauarbeiter aus seinem Auto steigen und so frage ich ihn, ob ich ausnahmsweise durch die Baustelle laufen darf. Mit einem leichten Knurren stimmt er schliesslich meinem Vorhaben zu.

Ich taste mich vorsichtig über das Baufeld, muss auf der anderen Seite noch eine Geländerabsperrung neben dem Bauzaun überklettern und bin wieder glücklich und sicher auf meinem Weg Richtung Fachingen.

Ganz klein in der Ferne kann ich mein heutiges Etappenziel schon erkennen. Die Schaumburg in ganz klein.

Fachingen

In Fachingen mache ich meine nächste Rast an einer Weltkugel-Skulptur mit einem Entfernungs-Wegweiser zu europäischen Hauptstädten. So einen Wegweiser hätte ich auch gerne im Garten stehen. Eine neue kreative Idee ist geboren.

Nach der Rast, bei der ein paar andere Wanderer am gleichen Ort eintreffen, geht es nun hinein in einen Wald und über einen steilen Zubringer auf den Lahn-Höhen-Weg hinauf, dem ich etliche Kilometer folge. Dabei laufe ich auf der Höhe entlang, parallel zur Lahn und habe einen schönen Blick durch die Bäume hindurch, zurück auf Fachingen.

Balduinstein

Einige Aussichtspunkte ermöglichen schöne Blicke weit ins Lahntal hinab.

Nach schier endlosen Schritten durch den Wald, gelange ich schließlich nach Balduinstein.

Balduinstein ist ein romantisches Örtchen an der Lahn, in dem mal die Burg Balduin stand, die im 14. Jahrhundert erbaut wurde und nach Balduin von Luxemburg, Erzbischof und Kurfürst von Trier benannt wurde.

Die Burg entstand aufgrund einer politischen Auseinandersetzung.
Um dem Gegner, dem Grafen von Westerburg, der auf der Schaumburg residierte, den Versorgungsweg zur Lahn abzuschneiden, baute Balduin an der engsten Stelle des Holzbachtals eine Burg auf einen Felsvorsprung und nannte diesen Ort Balduinstein.

Neben der Kirche, am Pfarramt St. Bartholomäus, kann ich aus einem schwarzen Briefkasten den nächsten Pilgerstempel entnehmen und nutze die Gelegenheit, meine Füße ein wenig auszuruhen. Die Kirche, gleich gegenüber, ist leider verschlossen.

Erstaunlich, aber wenn ich an's letzte Jahr zurück denke, habe ich den Eindruck, dass ich mich in diesem Jahr nach der heutigen Wanderung bei Weitem nicht so geschunden fühle, wie damals.
Wenn ich heute an morgen denke, freue ich mich richtig auf die Fortsetzung der Tour.

Ich könnte jetzt noch ein gutes Stück beschwingt weitergehen und deshalb verlasse ich diesen Ort und mache mich an die steile Passage zur Schaumburg hoch.

Schloss Schaumburg

Über Balduinstein thront das Schloss Schaumburg, ein imposant restauriertes Schloss in mittlerweile privater Hand. Der Weg durch den Wald hinauf führt mich an einem alten Steinbruch vorbei, dessen Steinabbau ein interessantes Wandmuster an der Felswand hinterlassen hat.

Angekommen an der Burg nutze ich natürlich erstmal die Gelegenheit für Fotos und versuche, in das Innere des Burghofes zu schauen, als mir ein netter Mann entgegen kommt und mir mitteilt, dass die Burg nicht für Touristen zugänglich ist.
So beschränke ich mich also auf den Aussenbereich, den ich aber auch sehr fotogen finde.

An der Burg lasse ich mich dann vom Hol-und-Bring-Service Uli abholen.

Als ich einen Tag später in Facebook stöbere, entdecke ich dieses wundervolle Foto von meiner Bekannten Martina Engel, die offensichtlich nur ein wenig zeitversetzt zu mir am gleichen Ort war. Vielen Dank für dieses schöne Bild.