
Mosel-Camino 8. Etappe: Monzel - Klausen
Mittwoch, 07. Juni 2023 / 7 KM

Heute lasse ich den Tag ganz langsam angehen.
Die Tagesetappe soll mit ca. 7 KM kurz bleiben, um ein wenig meine Kondition zu schonen. In Klausen will ich versuchen, spontan bei der Pilgerherberge Eberhardsklause unterzukommen. Falls das nicht klappt, gibt es einen Plan B: nämlich zu dem nahegelegenen Bahnhof in Salmtal weiterzugehen, um von dort eine passende Bleibe zu erreichen...
Das heutige Frühstück wird im Speiseraum an einer langen Tafel gereicht, an der man leicht mit den anderen Gästen ins Gespräch kommt. Nach diesem geselligen Mahl packe ich meine sieben Sachen und, noch beseelt von dem gestrigen Abend, laufe ich los.

Nachdem ich nochmal bei der Kirche St. Nikolaus vorbeischaue, die mich gestern so herzlich mit offenen Türen empfangen hat, führt der Weg bergauf bis zur Monzeler Schutzhütte, in der ich mein zweites Frühstück einnehme und mich im Kneipp-Becken ein wenig abkühle. Hier bringe ich die Erlebnisse von gestern noch zu Papier. Besonders schön, weil ich mir heute richtig Zeit lassen kann.
Nach dieser ausgedehnten Rast setze ich meinen Weg fort, direkt in den Wald hinein, an einer Holzfällerfamilie mit Hund vorbei bis hinauf zur Schutzhütte Minheim, dem höchsten Punkt des Moselcaminos mit ca. 425 Höhenmetern.
Unterwegs kann ich den Blick auf eine Rehmutter mit Kitz erhaschen, die von meinen Schritten aufgescheucht, mit ihrem Kleinen im Wald Schutz sucht.


Leider hat man heute morgen noch keine so schöne Aussicht, da es doch recht diesig und somit eher keine Fernsicht möglich ist. Mit sanfter Neigung geht es wieder bergab Richtung Klausen bis zur Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung, die schon von Weitem zu sehen ist.
Beim Gehen fällt mir auf, dass ich mich gerne von Zeit zu Zeit immer mal umdrehe, um zu betrachten, wie die Strecke wohl von der anderen Seite aussieht.


"Anders"
Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass man diese Rückblicke auch wieder gut auf seinen Lebensweg übertragen kann. Ich stelle fest, dass Ängste oder Befürchtungen, die ich vor den unbekannten Wegen hatte, verschwunden sind oder Vorstellungen und Erwartungen über besondere Teilstrecken sich eventuell gar nicht erst verwirklicht haben.
Man kann nochmal von einer neuen Perspektive auf den gegangenen Pfad schauen und eventuell daraus etwas für den vor sich liegenden Weg mitnehmen. Vielleicht, sich vor manchen Passagen nicht zu viele Gedanken zu machen...
Im Grunde ist auch das wieder ein Erleben vom Hier und Jetzt.


An der Wallfahrtskirche angekommen, fallen mir im Inneren des Kirchenraumes die vielen reich verzierten Pilgerkerzen ins Auge, die von verschiedenen Pilger-Gruppen hierher getragen wurden. Eine Weile bewundere ich diese Sammlung, bevor ich mich in Richtung Pilgerherberge aufmache.
Im Dorfladen versuche ich nun mein Glück (hier ist die Rezeption der Eberhardsklause) und habe kurze Zeit später einen Schlafplatz im Siebener-Saal der Eberhardsklause sicher. Eine Person, die von Andernach über den Eifel-Camino wandert, soll noch dazukommen. Das Abenteuer Pilgerherberge kann also starten.

Andreas, der Herr mit den Blasen an den Füssen, kommt etwa drei Stunden nach mir in der Herberge an. Kurzes Hallo und nachdem ich mir im Örtchen und im nahe gelegenen Abtgarten die Füsse vertrete habe, treffe ich ihn beim Italiener wieder.
Wir speisen zusammen und sitzen den Abend bei Wein, Bier und einem netten Gespräch.
Da ich es überhaupt nicht gewohnt bin, mir mit wildfremden Menschen ein Zimmer zu teilen, fühlen sich die ersten Augenblicke erstmal eigenartig an. Dadurch, dass der Raum aber so groß ist und jeder eine komplette Raumecke für sich hat, verflüchtigt sich die eigenartige Stimmung schnell und nachdem ich im Dämmerungslicht noch mein Tagebuch gefüllt habe, falle ich auch bald in eine nicht so tiefen Schlaf wie in den letzten Nächten.
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