Mosel-Camino 10. Etappe: Mehring - Trier
Freitag, 09. Juni 2023 / 28 KM
Die Nacht war erholsam und gar nicht laut, wie gestern Abend befürchtet.
Am Frühstückstisch sitze ich an einem Tisch mit einem alleinreisenden Motoradfahrer, der mir von seiner Reise durch den Süden erzählt. Die Mosel ist der letze Halt vor seiner Heimkehr.
Auch mein letzte Etappe steht heute an, auf der ich nun zwei Möglichkeiten habe:
1) bis Ehrang zu laufen und für teures Geld ein Hotel in Trier zu nehmen um dann morgen gemütlich die Pilgerurkunde zu holen (alle günstigen Möglichkeiten hatte ich gestern bereits abtelefoniert)
- oder -
2) durchzustarten und bis 17:00 Uhr in Trier zu sein, weil dann das Pilgerbüro schließt.
Ich entscheide mich für Variante 2, das heißt: es liegen gut 28 KM vor mir. Also los geht's.
Die Wege ziehen sich an dem steilen Weinberg entlang und irgendwann wähle ich einen Abzweig, der leider im Nirgendwo endet. Zu allem Übel denke ich, dass es eine gute Idee sei, über den Weinberg an den Rebenreihen vorbei den Berg hinunterzulaufen.
Das hätte im Prinzip auch gut gehen können, wenn ich nicht am unteren Ende des Berges auf den Gedanken gekommen wäre, mit Rucksack auf dem Rücken von einem ca. 1m hohen Mäuerchen zu springen. Ich knalle auf den Asphalt, die 8 Kilo auf meinem Rücken verhindern ein geschmeidiges Abrollen und so schramme ich mir mächtig das Knie auf.
Ein aufgeschlagenes Knie hatte ich ja schon lange nicht mehr. Kindheitserinnerungen flammen auf... Ich rappel mich auf und weiter geht's.
Nach gefühlt ewiger Zeit komme ich in Schweich an und stoße hier wieder auf dem offiziellen Pilgerweg. Der Gang ins Pfarrbüro endet mit einem sehr netten Gespräch mit der Dame, die mir den Pilgerstempel aushändigt. Sie meint, sie bewundere alle alleinpilgernde Frauen. Ich rate ihr daraufhin, es einfach mal auszuprobieren, da sie den Weg ja direkt vor der Nase hat.
In der Kirche, die ich betrete, übt gerade der Organist und so lasse ich mich ein wenig in der kühlen St. Martinkirche vom Orgelspiel berieseln.
Weiter geht's, vorbei am Haus des Autors meines Pilgerbuches, das mir so gute Dienste geleistet hat. Hier liegt auch ein Stempel bereit.
Auf einem Wandererparkplatz treffe ich auf ein Pärchen mit einem Welpen. Die Besitzer fragen mich, ob der kleine Hund mich mal kennen lernen dürfe. Aber natürlich. Der Kleine ist ziemlich müde aber total süß.
Ein paar Streicheleinheiten später geht es wieder den Berg hinauf in die Ehranger Heide hinein, an der Heidekapelle vorbei bis nach Ehrangen, wo ich mir erstmal ein Eis genehmige. Ein bißchen Rast muss auch auf der längsten Etappe sein.
In der Peterskirche in Ehrang empfängt mich wieder Musik, die ich bei der Besichtigung dieser schönen Kirche auf mich wirken lasse.
Ich erkläre kurzerhand den heutigen Tag zum Tag der Musik. Die Pfarrkirche St. Peter küre ich zur schönste Kirche auf meinem Weg. Die Innengestaltung lässt mich staunend innehalten.
Der Pfad führt nochmal hinauf auf die Bausch und wieder hinab zum Gasthaus Crames, in dem der nächste Stempel wartet.
Im Gasthaus sitzt eine große Wandergruppe, die lauthals herumkrakelt, als ich nach dem Stempel frage. Ich hoffe, dass sie nicht so schnell aufbrechen, aber auf dem Berg Richtung Felsenpfad kommen sie schon hinter mir her. Ich lasse die Gruppe an mir vorbeiziehen und habe den Weg wieder für mich alleine. - Naja, sagen wir fast alleine, denn das Besucheraufkommen auf diesem aussichtsreichen Pfad ist schon beachtlich, je näher man an Trier herankommt.
Der Felsenpfad ist nochmal steil, aber ein Weg mit wunderschönen Aussichten. Man muss bloß ziemlich aufpassen, wo man hintritt. Trier-Panoramen reihen sich durch die zahlreichen Aussichtspunkte aneinander, bis es wieder abwärts geht, Richtung Kaiser-Wilhelm-Brücke.
Ein letzter Rückblick auf die Mosel, die eine so lange Strecke mein Begleiter war...
Die Brücke ist zügig passiert und ein netter Herr weist mir den schnellsten Weg zum Dom.
Es ist mittlerweile zwanzig vor Fünf, als ich die Dominfo betrete und nach kurzer Wartezeit an die Reihe komme. Stolz wie Bolle lege ich meinen Pilgerausweis auf den Tresen und halte kurze Zeit später meine erste Pilgerurkunde in der Hand.
Meine letzte Etappe war auch die längste mit 28 KM.
Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal so lange am Stück laufen kann. Ich hätte auch niemals gedacht, dass ich wirklich von Wetzlar bis nach Trier zu Fuß zurücklegen werden, als ich damals losgelaufen bin.
Nach einer gemütlichen Dombesichtigung gönne ich mir erstmal auf dem Marktplatz ein wohlverdientes Radler, bei dem ich nochmal auf Pilger treffe, mit denen ich ins Gespräch komme. Ich schätze, mein Rucksack hat mich verraten.
Nach einer kurzen Rast mache ich mich auf den letzten Weg der Pilgerstrecke zur St. Matthias Kirche, die noch ein gutes Stück zu Fuss entfernt ist.
Es geht einmal quer durch die Stadt, vorbei an einem Gotteshaus, die mich mit Trommelrufen ins Innere der Kirche lockt. Ich höre kurz einer Trommelgruppe zu, die sich ganz offensichtlich freut, einen Gast musikalisch verwöhnen zu können und erreiche kurz danach mein Ziel.
In der Kirche, schon wieder Musik. Es erklingen Mönchsgesänge aus dem Kirchenschiff. Nach diesen herrlich musikalischen Eindrücken verabschiede ich mich dann endgültig vom Pilgerweg und gehe dem Bahnhof entgegen um meine Heimreise anzutreten.
Eine wunderbare Woche geht zu Ende. Mein nächstes Ziel? In meinem Kopf spiele ich mit der Idee:
Weiter nach Frankreich.
... mal sehen, wie es weitergeht ;-)
(-> Zum Mosel-Camino - Start in Koblenz)
(-> Zum Lahn-Camino - Start in Wetzlar)
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