Lahn-Camino (Etappe 3): Weilburg- Langhecke
Mittwoch, 15. Juli 2020 / 18 KM
Nach einer weiteren sehr erholsamen Nacht, wache ich mit leichten Rückenschmerzen auf.
Um 9:00 Uhr steige ich die Hoteltreppe herunter und finde mich in einem etwas spooky anmutenden Frühstücksraum wieder.
Es scheint alles sehr steril, ausser mir ist nur noch ein weiterer Gast anwesend und die Atmosphäre gleicht der einer großen Eingangshalle.
Wurst, Käse, Brötchen, einfach alles, was neben dem Teller bereits auf dem Tisch liegt, ist in Plastik verpackt. Ob das die ersten Corona-Regeln sind?
Kurz nach halb zehn verlasse ich das Hotel und gehe Richtung Lahn, um dort den Camino wieder zu finden. Direkt am Abzweig zu einer Treppe steht eine schöne Stehle, die unverkennbar ist.
Vom Lahntal zum Weiltal
Der Weg läuft ein Stück an der Lahn entlang und führt dann durch einen dunklen Tunnel unter der Bahn hindurch ins Weiltal hinein. Hier wird es jetzt richtig eintönig. Es geht entlang der Weil auf einem schnurgeraden Weg eine gefühlte Ewigkeit durch den düsteren Wald.
Das Wetter lässt auch zu wünschen übrig. Die brütende Sonne von gestern ist verschwunden und es sieht so aus, als könnte jede Sekunde ein Wolkenbruch über mir ausbrechen.
Ich passiere den Bahnhof von Freienfels, der zu einem Café mit Biergarten umgebaut wurde und wirklich hübsch anzuschauen ist. Aus einem zweiten Frühstück wird allerdings nichts, da der Bahnhof geschlossen ist.
Burgruine Freienfels
So steige ich also eine kleine Anhöhe zur Burgruine Freienfels hinauf.
Leider ist auch hier alles verriegelt und mir bleibt nur die Möglichkeit, ein paar Fotos durch die Holzbretter der Tür hindurch zu machen.
Eine Katze kommt aus dem Nichts, schnurrt vor sich hin und leistet mir für meine kurze Rast Gesellschaft.
Das ist wahrscheinlich Fürst Freihenfelsens Katz´, die hier seit über 100 Jahren schon ihr Unwesen treibt.
Mein nächstes Ziel ist Weinbach. Hier hätte wieder die Möglichkeit bestanden, einen Stempel zu sammeln, allerdings macht das Amt erst um 15:00 Uhr auf. So lange warte ich definitiv nicht.
Nachdem ich an einer Tankstelle meinen Wasservorrat wieder aufgefüllt habe, laufe ich weiter Richtung Elkershausen.
Am Ortsausgang von Weinbach verlaufe ich mich kurz, treffe aber zum Glück auf zwei nette Stadtmitarbeiter beim Gärtnern, die mich nicht nur zurück auf den richtigen Weg schicken, sondern mir auch sämtliche anderen Möglichkeiten erklären, wie man den vor mir liegenden Wald durchqueren könnte. Nach einem netten Plausch verabschiede ich mich und laufe weiter.
Auf dem Weg sehe ich noch diese zwei lustigen Gesellen, die vor lauter Langeweile die vorbeiziehenden Wanderer beobachten.
Als ich also nun den Weg in Richtung Elkershausen einschlage, komme ich nach einem kurzen Anstieg an einem Stempelkasten vom Lahnhöhenweg vorbei, an dem ich auf zwei weitere Pilger treffe (offensichtlich ein Ehepaar), mit denen ich mich kurz über die Stempelmöglichkeiten auf der heutigen Strecke austausche. Von ihnen bekomme ich meinen allerersten "Buen Camino" gewünscht und freu mich wie Bolle.
Weiter geht's mitten durch den Wald, an dessen Ende eine wunderschöne Wiese mit der nächsten Rast lockt.
Die freundlichen Pilger
Eine kurze Weile nach mir kommen auch die beiden netten Pilger von vorhin vorbei und fragen, ob sie bei mir kurz Pause machen dürfen. Sehr nett.
Wir plauschen ein wenig über das Pilgern, ich erwähne, dass ich das zum ersten Mal ausprobiere und sie erzählen mir von ihren Erfahrungen auf dem Camino Norte und anderen Caminos, die sie schon gegangen sind.
Es ist total interessant und so sitzen wir plaudernd auf der Wiese, bis die beiden weiterziehen und ich noch ein wenig dem Gesagten nachhöre.
Den Füssen tut es sehr gut, auch mal einfach dazuliegen und nicht laufen zu müssen.
Weiter geht's nach leichten Wegfindungs-Schwierigkeiten auf ein schnurgerades Stück, das sich endlos durch den Wald Richtung Langhecke zieht.
Heute morgen begann der Tag etwas spooky und auch die ersten Schritte durch das trübe Wetter und den dunklen Teil des Weiltals ließen in mir eine düstere Stimmung aufkommen.
Durch die lange Unterführung am Abzweig vom Lahntal hatte ich leichte Anflüge von Unbehagen, weil man dort das Ende nicht sehen konnte, geschweige denn, was dahinter kommt.
Jetzt, in dem Waldstück vor Langhecke empfinde ich den Wald als überaus friedlich. Das Vogelgezwitscher, der leichte Wind, das ist alles sehr beruhigend.
In denke, manchmal hilft es, wenn man über gewisse Dinge einfach nicht weiter nachdenkt.
Damit meine ich nicht, dass man den Kopf in den Sand stecken soll, wenn es mal schwierig wird, sondern dass es Gedanken gibt, die es nicht wert sind, dass man sich lange mit ihnen aufhält. Unnütze Gedanken, die uns einfach nur beschweren, in unserem Tun lähmen und zu nichts führen.
Und ich finde, man kann das in gewissem Maße auch tatsächlich selbst steuern, an was man denkt und an was man nicht denken möchte. Das klappt mal und mal klappt es nicht, aber wenn es klappt, macht es die Welt ein bisschen schöner.
In meinem Fall war es gut, dass ich diese dunkle Stimmung vom Anfang nicht weiter in mein Gemüt gelassen habe. Dadurch war viel Platz, um die schöneren Dinge des Tages in mir aufzunehmen und jetzt laufe ich mit einem beschwingten Gefühl durch diesen friedlichen Wald.
Tief in Gedanken erreiche ich die ersten Häuser von Langhecke.
Langhecke
Im Ort angekommen, suche ich zunächst die Kirche um evtl. hier doch noch einen Pilgerstempel zu erhalten, doch an der Kirche ist niemand, das Pfarramt ist verwaist. An der Tür hängt ein großes Schild: "Wegen Corona alles abgesagt."
Ich versuche, die angegebene Nummer zu erreichen, aber leider gibt es in diesem Örtchen kein Netz.
So labe ich mich nochmal am Wasser und bin ein wenig enttäuscht, dass ich vom heutigen Tag keinen Nachweis im Buch habe.
Ich überlege kurz, ob ich noch bis an die Kreuzung zur Straße nach Aumenau laufen soll, aber nachdem ich von der Bank aufstehe, verwerfe ich diesen Gedanken sofort wieder.
Allerdings besteht da immer noch das kein-Netz-Problem und so muss ich mich doch noch einen Berg hinaufschaffen, um daheim anzurufen und mich abholen zu lassen. Uli kommt dann auch kurze Zeit später und sammelt mich auf.
Zunächst geht es noch schnell nach Limburg um Kaffee zu holen, einen Affugato zu trinken und noch zwei Steaks für das abendliche Grillen zu besorgen. Wunderbar.
Die drei bisherigen Etappen haben mir sehr viel Spaß gemacht. Wobei ich dazu sagen muss, dass meine Etappen etwa die Hälfte bemessen von dem, was im Pilgerbuch als eine Etappe vorgegeben ist. Für den Anfang hat mir jedoch auch diese Entfernung dicke ausgereicht. Ich halte mich da lieber an das Sprichwort: "Der Weg ist das Ziel..."
Ich empfand den zweiten Abend in Weilburg schon etwas einsam, wobei ich mich nicht wirklich einsam gefühlt habe, aber darauf, alleine Abends durch Weilburg zu ziehen hatte ich beispielsweis keine Lust. Das wäre zu zweit doch lustiger gewesen.
(-> 4. Etappe: Langhecke - Limburg)
(-> Zum Start in Wetzlar)
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