
Lahn-Camino (Etappe 4): Langhecke - Limburg
Montag, 20. Juli 2020 / 23 KM
Es ist erstaunlich, wie es in mir rührt, wenn etwas unvollendet bleibt.
Ich hatte mir eine Wanderung von drei Tagen vorgenommen, wollte bis Limburg kommen, habe es aber nur bis Langhecke geschafft. So hänge ich jetzt nach einer Regenpause noch einen vierten Tag dran, um meinen Weg bis zu meinem ursprünglichen Ziel fort zu setzen.

Das nächste Städtchen, das vor mir liegt, ist Villmar. Der Blick vom Galgenberg kommend in die Talebene hinab ist hinreißend. Die Aussichten über die Ebenen finde ich persönlich am allerschönsten. Die Weite, in die man blickt, hat etwas Magisches.

Villmar
Der Weg zieht sich an einem von Bäumen gesäumten Weg entlang bis an den Rand von Villmar.
Hier passiere ich zunächst ein paar Gärten, und entdecke diesen Vogelschreck, der mir freundlich entgegen winkt.
Etwas weiter finde ich eine weitere Stehle mit einer Jakobs-Muschel, die mir versichert, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin.


Ich suche nach der Kirche St. Peter und Paul, die ich nach kurzer Orientierung gleich finde, bei der allerdings alle Türen zugeschlossen sind.
Fast hätte ich ganz hinten die kleine Pforte übersehen, die mir Einlass gewährt und durch die ich ins Innere der schönen Barock-Kirche komme. Im hinteren Bereich der Kirche wartet ein Stempel auf mich. Daneben liegt ein Buch, in dem verschiedene Reisende ein paar Zeilen hinterlassen haben.
Auf der rechten Seite steht ein Jakobus-Altar, den ich mir mal näher betrachte.

Der Jakobusaltar
Im Zentrum des Seitenaltars steht die Figur des Apostels Jakobus mit Pilgerstab.
Er wird begleitet von zwei weiteren Figuren.
Links der hl. Maternus, dritter Bischof von Trier mit einem dreitürmigen Kirchenmodell und rechts der Märtyrer Sebastian, er wurde bei der Gründung der Bruderschaft als Patron der Schützen (Bürgerwehr) zur Verteidigung der Festung Villmar miterwählt.
Ich lasse die Kirche ein wenig auf mich wirken. Es tut gut, einfach nur da zu sitzen, die Stille zu spüren und den Geist zu erden.

Vom Villmarer Zentrum aus geht es zurück auf den Feldweg, den ich für den Besuch des Marktfleckens verlassen hatte. Der Pfad zieht sich eine lange Strecke durch dichten Runkeler Wald. Mir kommt der Wolf in den Kopf, der angeblich bei Villmar gesichtet wurde.
Da der Wald echt dicht ist und auch noch an einem Bach (einer möglichen Wasserstelle) entlangführt, versuche ich die absurden Gedanken, die jetzt aufkommen, zu vertreiben und fange an zu singen.
Mir kommt mein Lied vom Schlafengel in den Sinn, das ich vor Jahren mal geschrieben und vertont habe und es entwickelt sich die kreative Idee, dass ich das Lied doch auch mal als Mehrspur-Video aufnehmen könnte. Für mich, für andere, für die Welt - das sollte ich wirklich mal in Angriff nehmen, wenn ich wieder zu Hause bin...

Ich passiere das Friedenskreuz, das 1946 für die Kriegsheimkehrer errichtet wurde.
Später tauschte man das Holzkreuz gegen eines aus Lahnmarmor aus.

Der Weg verläuft hoch oben auf den Felsen über der Lahn und an einem schönen Aussichtspunkt hat man einen herrlichen Blick über die Lahnebene, die ich schon eine ganze Weile tangiere.
Selbstverständlich bekomme ich keinen Wolf zu sehen, habe aber einige schöne Ausblicke ins Tal und komme so nach einiger Zeit in Runkel an.

Runkel
Ein sehr schönes Örtchen. Es ist erstaunlich, dass ich zwar ganz in der Nähe wohne, aber noch nie in der Burg Runkel war.
Ich erklimme den kurzen Berg bis zur Pforte und lese, dass Montags Ruhetag ist. Pech gehabt.
Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als hier an der Lahn eine ausgedehnte Mittags-Rast einzulegen.
Am Lahnufer befindet sich eines der begehrtesten Eiskaffees in der Gegend und dort führt mich mein Weg hin, um bei einem Cappuccino und einem Eis eine erholsame Pause einzulegen.

Hier der schöne Blick von der Lahnbrücke aus auf die Burg Runkel und die Trutzburg Schadeck auf der anderen Seite der Lahn.
Nach einigen Fotos und der verdienten Pause geht es weiter in Richtung Dietkirchen über die Hauptstraße wieder ins Grün hinein und eine ganze Strecke an der Lahn entlang.

Pfarrkirche St. Lubentius in Dietkirchen
Es geht wieder vorbei an einem Krieger-Denkmal, diesmal für Gefallene aus dem 1. Weltkrieg, weiter an einem Fussballplatz entlang und durch einen Friedwald hindurch.
Aus dem Wald kommend, wird man direkt von der hoch auf einem Felsen thronenden Pfarrkirche St. Lubentius empfangen.
Ein guter Platz, für ein weiteres Päuschen.
Der Sage nach, soll der Leichnahm des hl. Lubentius, der im 4. Jhd. an der Lahn missionierte, nach seinem Tod im Moselort Kobern in einem Boot über Mosel, Rhein und Lahn bis zu einer von ihm angeblich erbauten Kirche geschippert sein. Dort sei er dann beigesetzt worden. Tatsächlich wurden allerdings seine Überreste wohl erst im 9. Jhd. nach Dietkirchen überführt. So steht es im Text des Pilgerbuches.

Jetzt sind es nur noch ein paar Kilometer bis zu meinem Etappenziel und mir macht die Wanderschaft immer noch Spaß. Ob ich das morgen wohl auch noch so sehe, wenn der Muskelkater erstmal zugeschlagen hat?
Zumindest hätte ich nach dem ersten Tag niemals vermutet, dass ich wirklich bis Limburg komme. Das alleine ist doch schonmal ein riesen Erfolg.
Nach der Rast geht es über Eschhofen nach Limburg und zwar linksseitig der Bahn durch den Wald.
Ich war bisher wirklich oft in Limburg, aber auch hier laufe ich über Wege, die ich bisher noch nie erkundet habe. Ich habe mich immer schon gefragt, wie es hier im Wald wohl aussieht. Mit einem schönen Blick auf den Dom tauche ich wieder in üppiges Gestrüpp ein.

Was wohl ein Wegweiser mit den Worten "mit Weg-Sperren" bedeutet? Ob ich nochmal umdrehen muss?
Nach dem Motto: "Wie verunsichert man Menschen" ist das Schild wohl nicht mehr aktuell und ich kann ungehindert meinen Weg beschreiten. Von Weg-Sperren ist weit und breit nichts zu sehen uns so komme ich nach einem mächtigen Abstieg, bei dem sich mein Knie bemerkbar macht, über Serpentinen nach Limburg hinab.
Hinter der nächsten Wegecke sehe ich dann auch schon das Limburger Schloß, das direkt angrenzend zum Limburger Dom auf dem Domfelsen steht.
Im Bischöflichen Ordinariat, wo auch die Pilgerstelle des Bistums Limburg untergebracht ist, erfahre ich, dass diese leider heute nicht mehr besetzt ist und auch im Dom, zu dem ich anschliessend bergauf wandere, kann ich keinen Pilgerstempel finden.
Zum Glück treffe ich in der Tourist-Info jemanden an.
Die netten Mitarbeiter freuen sich sichtlich, dass sie mir weiterhelfen können und so gibt es nochmal einen sehr schönen Stadt-Stempel der Stadt Limburg für mein Buch.

Nachdem ich noch einen traumhaften Blick von der Lahnbrücke aus bei strahlender Sonne auf den Dom erhaschen kann, endet meine Pilgertour für dieses Jahr an diesem Ort. Heute habe ich kaum Menschen getroffen, das finde ich ein bisschen schade. An einem Montag, der nicht in der Ferienzeit liegt, sind offensichtlich nicht viele Leute unterwegs.
Eine schöne, anstrengende Tour für jemanden, der noch nie so lange am Stück unterwegs war. Für geübte Pilger ist die Strecke wahrscheinlich ein Klacks.
Es war sehr interessant, wie gut und schnell - quasi über Nacht - sich mein Körper nach der Strapaze der ersten Tage erholt hat.
Meine Lieblings-Passagen waren zweifelsohne die mit weitem Blick und interessanten Landschaften. Die langen Wege durch den Wald waren teilweise sehr eintönig und manchmal auch ein bisschen gruselig.
Die schönsten Strecken bisher waren für mich von -Braunfels nach Weilburg- und von -Villmar nach Limburg-.
(-> 5. Etappe: Limburg - Balduinsstein/Schaumburg)
(-> Zum Start in Wetzlar)
Kommentare
Hallo Helga,
Danke für den inspirierenden Bericht, wir sind mal auf der Lahn gepaddelt, jetzt habe ich richtig Lust, die Gegend auch zu durchwandern, ist von Bremthal ja um die Ecke.
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